Auf den Spuren der Nomaden

Wie lange wohl gibt es noch die schwarzen «Tschador» entlang der afghanisch iranischen Grenze?

An der letzten «torba» Redaktionssitzung beschloss das Team in der nächsten «torba» über die Belutschen zu berichten. Es lag auf der Hand, den diesjährigen Teppicheinkauf mit einer Kundschaftsfahrt von Mesched bis Zahedan zu verbinden

 

Von Lyss aus organisierte ich einen Fahrer welcher auch als Übersetzer fungieren konnte, einen Kenner der Gegend und der Leute und ein Vierradantrieb Fahrzeug. Dies alles zu finden war gar nicht so einfach. In ganz Mesched war ein Mietfahrzeug unserer Wünsche nicht zu finden. Trotz aller Widerstände war die Crew samt Fahrzeug bei unserer Ankunft im Iran bereit.

Nach unseren Einkäufen in Teheran flogen wir am 18. Juli 1998 von Teheran nach Mesched wo wir von unserem Fahrer Archi und dem Teppichhändler Morteza Vafaian am Flughafen abgeholt wurden.

Am nächsten Tag versorgten wir uns mit genügend Trinkwasser in Flaschen, Getränke in Büchsen und einigen Lebensmitteln. Im Basar von Mesched erhoffte ich mir noch einige Informationen über eventuelle Sommerweiden von Belutsch Nomaden. Leider bekamen wir nur spärliche Angaben.

Von vielen Seiten wurde mir sogar von einer solchen Fahrt in dieses Gebiet abgeraten mit der Begründung, dass das Grenzgebiet sehr stark durch das Militär und die Drogenpolizei bewacht würden, die Belutschen bewaffnet seien und die Schmuggler rücksichtslos mit Waffen umgingen.

 

Vor dieser Reise habe ich mich natürlich mit dem Leben der Iranischen Belutschen auseinandergesetzt. Ich wollte wissen wo Ihre Winter- und Sommerweideplätze sind, welche Stämme auf diesen Weiden leben. Woher stammen die Belutschen ursprünglich, welche Sprache sprechen sie? All diese Fragen suchte ich mir aus verschiedener Literatur zu beantworten (sh Torba Report)

Die Reise

Mit all diesen Informationen, gutem Kartenmaterial (Flugkarten), GPS und dem nötigen Enthusiasmus starteten wir sechs (Bruno, Jakob, Urs, der Fahrer Archi, Morteza und ich) vollgepackt von Mesched Richtung Zahedan. Unser erstes Ziel war Fariman. An allen möglichen Orten fragten wir uns nach Belutschzelten, nach schwarzen «Tschadors» durch - doch ohne Erfolg.

In Fariman suchten wir nach dem Stamm der Sangtschuli, in Torbat-e Djam nach Barbari und Timuri. Wir konnten kein einziges Zelt erspähen. Nach Auskunft aus der Bevölkerung sind seit einigen Jahren alle Belutschen, die vorher hier mit ihren Zelten auf der Sommerweide lagerten, ansässig geworden.

Auch in Torbat-e Haidari treffen wir das selbe an.

 

Südlich von Jonnatabad, in Ahangaran (N 34° 34,112' E 59° 14,846'), haben wir die Gelegenheit mit Belutschen zu sprechen. Drei Generationen geben uns Auskunft. Seit 15 Jahren leben sie nun hier. Die Viehzucht haben sie aufgegeben und bauen statt dessen Baumwolle an. Die Regierung hat sie zum Sesshaft werden aufgefordert. Dabei wurden sie mit Baumaterial, Landwirtschaftsgeräten und vielem Anderem unterstützt. Die Gründe für diesen Schritt sind viele: In diesem Gebiet herrscht reger Drogenschmuggel. Die nomadisierenden Belutschen sind für eine optimale Kontrolle der Grenzgebiete ein Hindernis. Die Schmuggler gehen rücksichtslos vor. Sie zwingen die Belutschen sogar durch Entführungen aktiv am Drogenschmuggel mitzumachen.

Der Grossvater denkt mit Wehmut an die alte Zeit zurück - Der Sohn im Gegensatz schätzt die neue Lebensform. An das Nomadentum erinnert er sich nur schlecht. Der Vater gibt uns einige nützliche Informationen die uns auf unserer Suche weiterhelfen. Er ist überzeugt, das wir in der Nähe von Nebbandan auf schwarze «Tschadors» stossen werden.

 

Nach einigen Polizeikontrollen, die zum Teil mit Drogenfahndern in zivil durchgeführt werden erreichen wir die Ebene von Zabol. Endlich, hier sind die gesuchten Belutsch Nomaden, der Stämme Brahui und Timuri, in Mile-e Nader in der Nähe von Zabol. Im ganzen konnten wir, verteilt auf fünf Weideplätze, über 50 Zelte zählen. Bei allen Plätzen wurden wir aufs herzlichste empfangen und bewirtet. Die einen haben neben ihren Zelten Lehmhäuser gebaut. In der heissen Sommerzeit finden sie hier doch etwas mehr Kühlung. Knüpfstühle sahen wir leider recht wenige. Ihre Zelte waren aber alle mit eigenen Teppichen ausstaffiert. Alle Familien haben noch eine ansehnliche Zahl Schafe und Ziegen.

Mohamad der Chef der einen Sippe, erklärt uns, dass ihr Nomadenleben wohl nur noch von kurzer Dauer sei. Die Regierung wolle ihnen Häuser bauen mit all den nötigen Infrastrukturen wie Strom, Wasser und Telefon. Sogar an eine Schule sei gedacht. Danach würden wohl die Zelte konfisziert und vermutlich auch verbrannt.

Diese Erkundungsfahrt hat uns alle nachdenklich gestimmt. Selbst in diesen abgelegenen Gebieten im Osten des Iran steht die Zeit nicht still. Die Verbindungsstrassen werden alle grosszügig ausgebaut. Das «Handy» ist selbst dort gegenwärtig. Gegenstände aus Plastik verdrängen die handgefertigten aus Metall und Holz.

Ein Frühstück, bestehend aus Spiegeleiern, Brot und Tee für sechs Hungrige gibt es zwar noch für insgesamt für 1.20 $. Bald werden sicher auch hier die Preise nach Teheraner Masstäben gemessen.

Ich bin sehr froh diese Gegend besucht zu haben - schon morgen müsste ich meine Eindrücke anders schildern

 

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