Die Teppiche aus pflanzlichen Fasern

Bei den von Hand geknüpften Teppichen sowie bei den Flachgeweben ist die Wolle die meist verwendete Faser. Die Seide verwendet man für die kostbarsten Stücke.

 

Von allen Pflanzenfasern kennen wir die Baumwolle am besten. Als Flor wird sie meistens mercerisiert angewandt, um so natürliche Seide vorzutäuschen.

In der Maschinenteppich-Industrie werden seit längerem auch Fasern wie Sisal und Kokos verarbeitet. Doch für die Verarbeitung von Hand sind diese Fasern zu hart, zu grob und zu wenig geschmeidig.

 

Neben zahlreichen anderen Pflanzenfasern wird auch Leinen zur Herstellung von Heimtextilien verwendet. Leider wird sie zunehmend durch synthetische Fasern ersetzt.

 

Jute eignet sich schlecht zur Herstellung von geknüpften Teppichen; der Flor nützt sich leider viel zu schnell ab. Andere pflanzliche Fasern wie der Hanf vereinen zum Beispiel einen natürlichen Glanz mit einer gewissen Härte, während die Nessel weicher und glanzloser ist.

 

Der Hanf

Vor über 10‘000 Jahren entdeckten die Chinesen die einfache Pflanze Hanf. Sie half ihnen ihr Leben zu verfeinern. Die Stängel waren gefüllt mit feinen und unverwüstlichen Fasern. Die Früchte trugen Samen, die köstlich schmeckten.

 

Mitte des letzten Jahrhundert geriet diese Pflanze jedoch in Misskredit. Man spricht heute nur noch vom Gehalt in THC und vergisst das Nützliche, welches uns die Pflanze während Jahrtausenden geboten hat. Seltsam, dass die Petrochemiemultis nicht gewusst oder nicht erkannt haben, welches Potenzial im Hanf liegt. Oder auch die Bauern: Mit dem halben Arbeitsaufwand der Baumwolle könnte ihnen der Hanf gute Erträge bieten.

 

Mehrere Faktoren kamen gleichzeitig zusammen. In Amerika wurde die Chemiefaser in der Zeit entdeckt, als das Marihuanasteuergesetz (1937) lanciert wurde.

Je nach Wahl und Kulturart der Anpflanzung kann die Konzentration von psychotropen Substanzen (in diesem Fall THZ ) in einer nicht befruchteten weiblichen Blüte über 20% betragen. In einem industriell kultivierten Hanf dagegen, der vor der Blüte geerntet wird, liegt der Wert bei nur 0,3% THZ.

Warum ist der Anbau immer noch verboten wie in den USA? Wegen den zahlreichen Qualitäten?

Der Hanf hat wie das China-Schilf die Eigenart, in kurzer Zeit eine wichtige Biomasse zu produzieren. Daraus lässt sich eine Ersatzenergie für das Petroleum herstellen

 

Die in den USA einflussreiche Petroleum-Lobby hat ihr ganzes Gewicht eingesetzt um diesen Konkurrenten verbieten zu lassen. Auf zwanzig Jahre gerechnet würde die Hanffaser auch fünf Mal mehr Material für die Papierfertigung ergeben als eine gleich grosse Waldfläche. Hier ist die Papier-Lobby, welche die Rechte von grossen Waldflächen erworben hat, gegen den Hanfanbau. Auch die petrochemische Industrie setzt alles daran um den Anbau von Hanf zu verhindern.

 

Aber jetzt Ende der Polemik. Der Hanf ist in seiner Anpflanzung anspruchslos. Hanf wächst am besten in gemässigtem Klima, verträgt aber auch höhere und niedrigere Temperaturen. Hanf zeichnet sich durch sehr gute Selbstverträglichkeit aus; er kann also mehrmals hintereinander an derselben Stelle angebaut werden, im Gegensatz zu Leinen und Baumwolle. Diese ertragen keine Monokultur. Um bei der Baumwolle eine erfolgreiche Ernte zu erzielen, braucht es eine erhebliche Menge von Pestiziden. Hanf ist pflegeleicht.

 

Der Hanf wächst hoch auf und hat oben eine geschlossene Blätterdecke. Durch seine tief greifenden und fein verzweigten Wurzeln verbessert der Hanf die Bodenstruktur. Die Fasern sind fest, widersetzen sich den ultravioletten Strahlen, verfaulen nicht leicht und sind schwer entflammbar. Auch wenn die Fasern des Hanf, die man für Teppiche verwendet, eher grob sind, lassen sich feinere Fasern herstellen. Sie können in Konkurrenz treten zur Leine.

 

Aus Hanf wurden Segeltücher gewoben und Seile geflochten. Soldatenuniformen wurden ebenfalls aus Hanf hergestellt. Für die ersten Jeans benützte Lewis ebenso Hanf.

 

Die Nessel

Noch eine verschriene Pflanze, welche die Mehrheit der Leute in die Kategorie der schlechten Kräuter einstufen möchte: die Nessel. Aus ihr lässt sich eine exzellente Suppe kochen. Sie wirkt aber auch gut gegen Insekten. Ihr Stängel bietet feine Fasern. Die Nessel lässt sich zu diesem Zweck gut kultivieren.

 

Die neuen tibetanischen Teppiche von Nepal

Immer auf der Suche nach neuen Ideen haben kreative Entwickler, besonders jene mit einem gewissen ökologischen Bewusstsein, nachgedacht, wie man diese Fasern verarbeiten könnte. Das Haus Odegard von New York hat als erste Firma den Versuch unternommen, Teppiche aus dem wild wachsenden Hanf und aus der Nessel zu verarbeiten. Wie immer am Anfang war es nicht leicht, dieses Nischenprodukt auf den Markt zu bringen. Die Abnehmer rekrutierten sich aus Personen, die bereit waren, sich auf das Unbekannte einzulassen; dies gegen die vielen Stimmen von Meinungsmachern.

Seitdem hat die Faserproduktion zugenommen. Viele Manufakturen, welche bis anhin Teppiche aus Wolle geknüpft hatten, wechselten zum neuen Fasermaterial.

Am Anfang wurde mit der ungefärbten Faser des Hanfs gearbeitet. Der rohe Hanf hat eine angenehm warme Farbe, die von Beige, Grau, Grün bis ins Braun geht. Die Nessel ihrerseits hat gleichartige, aber kältere Farben. Durch Waschen ist es möglich die Fasern aufzuhellen: Sie wird fast weiss. Bei den ersten Teppichen spielte man sehr gerne mit dem Flor. Abwechslungsweise wurde im selben Teppich mit Nesseln, Wolle und sogar mit Seide gearbeitet.

 

Der Hanf lässt sich auch sehr leicht mit Naturfarben einfärben. Besonders gute Resultate erzielt man mit Rot-, Grün und Brauntönen.

 

Seit den Anfängen ist die Palette der Muster stark erweitert worden. Die Tendenz sind geometrische Muster mit leichten Farbabstufungen oder gleichfarbige mit Strukturveränderung.

Diese Teppiche sind diskret und können in der Grösse gewählt werden. Ihre ruhigen Muster lassen die Räume grösser wirken. Der natürliche Ton erlaubt es den Benutzern, ihre Räume mit irgendeiner Farbe und Möbeln wie Rattan zu kombinieren. Hanf-Teppiche können dem Raum sogar eine zenbuddhistische Atmosphäre geben.

 

Diese Teppiche sind eine gute Alternative zu den maschinell hergestellten Teppichen aus Kokos und Sisal, denn sie haben den grossen Vorteil, dass sie waschbar sind.

Die Hanf- und Nesselfaser will nicht die Wolle eliminieren und ersetzen, sondern den Verbrauchern, welche Lust haben neue Horizonte zu erforschen und sich mit neuen Produkten zu profilieren, spannende Alternativen bieten.

 

Schweizerische
Orientteppichhändler
Vereinigung SOV
Bernstrasse 11
CH-3250 Lyss
Tel. +41 32 384 44 33 /
+41 79 410 25 54
info@sov-et.ch